Rundschreiben Nr. 38

Waldshut-Tiengen, im Dezember 2022

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder und Freunde der HKG,

was erwarten Sie heuer, zu dieser Jahresendzeit wohl von uns berichtet zu bekommen? Ersehnte Befreiung von all jenen Befürchtungen, die uns in diesem Jahr begleiteten oder sich neu einstellten, wie Pandemie, Krieg, Hunger, Klimaschwund? Nicht doch, - sehen Sie bitte unserer Nachricht entgegen, indem Sie als Mitglieder der Heinrich Kaminski Gesellschaft wieder an das Geschehen in Ihrer HKG rück- und vorausblickend erinnert werden sollen, mit einem Packen an positiven und hoffnungsvollen Nachrichten versehen. In unserem neuen, diesem 38. Rundschreiben machen wir uns anheischig, Sie in die Zeiten des „Guten und Schönen“ zu entführen, mit einem Bündel erfreulicher Nachrichten aus unserer Gesellschaft. Im Jahr 2022 konnten wir nämlich, wie Sie gleich lesen werden, reiche Ernte einfahren, und die wollen wir mit Ihnen nun teilen.

Wir im HKG-Vorstand grüßen Sie alle aber zunächst sehr herzlich in der Hoffnung, Sie gesund und von pandemischem Befall unberührt (notfalls „genesen“) anfinden zu können. Freuen dürfen wir in der HKG uns dabei, das Jahr diesbezüglich unbeschadet überstanden zu haben; somit konnten wir unsere Kräfte für die Kaminskische Musik wieder vielfältig und nutzbar einsetzen. Lesen Sie bitte nachfolgend, was wir Ihnen - in übertragenem Sinne - zur jetzigen Zeit auf den „Gabentisch“ legen möchten.
Gleich vorweg: Neben diesem eigentlichen „rundbrieflichen Schreiben“ finden Sie – zu einem vertieften Nachlesen - den umfangreichen Zweijahresbericht, den unser Erster Vorsitzender Herbert Müller-Lupp anlässlich der jüngsten Mitgliederversammlung vorgetragen hat, welche wir – pandemiebedingt zwar verschoben, aber doch satzungsgemäß umterminiert - am 25. September 2022 an unserem „Stammsitz“ Tiengen abhielten. In jenem Rechenschaftsbericht finden Sie die HKG- Tätigkeiten in gewisser Ausführlichkeit dargestellt, wodurch Sie einen Einblick darin bekommen, wieviel „Herzblut“ und Hingabe die mannigfachen Aufgaben doch manchmal bedingen, die sich aus der Aufgabe ergeben, das immer noch teilweise verdeckte Œuvre unseres Meisters ans Tageslicht zu fördern und daraufhin schließlich sogar zu Gehör zu bringen.

Doch bleiben wir erst noch mal bei der Mitgliederversammlung selbst. „Wie das Gesetz es befahl“ haben wir am genannten Termin die Tagesordnungspunkte erfolgreich abwickeln können, bei erfreulicherweise fast 20 anwesenden aktiven Mitgliedern. Im dann auch wieder- und neugewählten Vorstand durften wir die neue Schatzmeisterin, Frau Susan Huber, offiziell einführen, die an die Stelle der in diesem Amt jahrelang bewährten Frau Marie-Luise Zölle tritt, die sich nun rege im Vorstands- Beirat an der Archivarbeit beteiligen wird. In den Beirat hinein konnten wir mit den Herren Lutz Gillmann und Ulrich Loschky zwei hochqualifizierte und bereits seit einiger Zeit in der HKG-Arbeit involvierte Musiker hinzugewinnen. Die übrigen Vorstandsmitglieder sind die „alten“ geblieben, was für Beständigkeit und Kontinuität sorgen möge; dem Schriftführenden an diesem Bericht sei es aber an dieser Stelle erlaubt, einmal auszusprechen, dass er in der Leistung unseres Ersten Vorsitzenden Herbert Müller-Lupp freudig und vertrauensvoll die absolute Gewähr für weitere, überaus erfolgreiche Tätigkeit innerhalb „seiner“ HKG gegeben sieht.

In die Zukunft der Kaminski-Hefte-Reihe konnte uns an der Versammlung auch unser Archivar Wolfgang Zimmermann schauen lassen. Aus einer Fülle von historischem und wissenschaftlichem Material – es reicht jetzt bereits für ein paar weitere Jahre der Aufarbeitung – wurde inzwischen die engere Auswahl der Sachthemen getroffen, die im Heft XIV eingehend bearbeitet erscheinen sollen, - das neue Heft soll Mitte 2023 erscheinen. Die Redaktion dazu wird vom Archivar selbst und dem (neuen) Beirat U. Loschky betrieben. – Das Archiv freut sich übrigens ganz besonders über die jüngste Überlassung einiger Kasminskischer Originalbriefe, aus der Hinterlassenschaft einer kunstsinnigen Dame aus Zürich uns überlassen, in denen die Aufenthalte von HK´s früh verstorbener Tochter Gabriele in Zürich beleuchtet werden.
Ein im wahren Sinne „gewichtiges“ Dokument machte am Versammlungstisch vielbemerkt die Runde: Der neue Beirat U. Loschky hatte den Papier-Ausdruck der Partitur von Kaminskis Oper „Jürg Jenatsch“ ( in DINA3 ) mitgebracht – ein überdimensionales Konvolut von 197 Seiten, in akribischer musikwissenschaftlicher Kleinarbeit elektronisch aus den bestehenden Quellen von unserem hoch geschätzten Musiker Joachim Schmitz gesichtet, geklärt und zusammengestellt. Es wird nun nach einem Verlag gesucht, der dieses gewaltige Opus in seinen Bestand aufnimmt und drucken wird. Darüber hinaus werden nunmehr die - mit der Partitur bis ins Detail konformen - Stimmen exzerpiert und zum Druck vorbereitet. Das kostet viel Arbeit, Aufwand und - wen wundert´s? - Geld. Auf der Basis von gewissen uns gegebenen Sponsor-Zusagen sind wir allerdings recht zuversichtlich, dass „wir das schaffen“.

So viel an dieser Stelle zur Versammlung und dem „Papier“, auf dem Kaminskis Musik weiterhin in die Welt gelangen soll. Blicken wir nun mal auf die letztlich angestrebten „Töne“ Kaminskischer Musik. Dazu möchte ich Sie wieder mal auf unsere Homepage www.heinrich-kaminski.de verweisen, die mittlerweile für jeden Kenner unserer Bestrebungen unentbehrlich geworden ist. Allein für das Jahr 2022 erscheinen dort die Angaben zu rund 10 wichtigen Veranstaltungen, in denen Werke Kaminskis erklangen, zum Teil unter persönlicher Mitwirkung von HKG-Mitgliedern, sogar aus deren Vorstand selbst. Hier ein paar „Highlights“ davon und dann der Blick auf ein paar übergeordnete Aspekte. 15.5.2022: Freiburg: Matthias Flierl (2. Vorstand der HKG) spielt Orgelstücke von J. S. Bach und H. Kaminski in vergleichender Gegenüberstellung.
11.6.2022: Landau (Pfalz): U. Loschky hält bei der orgelbegleiteten Veranstaltung „1700 Jahre jüdisches Leben in Rheinland-Pfalz“ einen gewichtigen Vortrag zu H. Kaminskis Leben und Werk, während der Domorganist am Speyerer Dom, Christoph Keggenhoff, entsprechende Orgelkompositionen von Kaminski interpretiert. Dieser Vortrag wird im Heft XIV unserer Heftereihe nachzulesen sein. 9.7.2022: Waldshut-Tiengen, Tiengener Schloss: hier beginnt unter der Ausführung durch das casalQuartett (unter dem Motto „casalQuartett & friends“) eine Abfolge von Aufführungen; u.a. werden neben A. Bruckners Streichquintett auch das Streichquintett in fis-Moll von HK gespielt, das bereits kurz danach, am 25.8., an der Schweizer Musik-Stätte Rifferswil wiederholt wird. 4.9.2022: Ansfelden bei Linz (Österreich): dort erklingt wiederum jenes Streichquintett im Rahmen des Internationalen Brucknerfests Linz 2022, interpretiert vom casalQuartett. Im Verlauf der weiteren Konzerte dieses Festivals interpretieren der Tenebrai Choir unter Leitung von James Sherloo am 18.9., Kaminskis Motette „Die Erde“, während am 6.10. die „Dorische Musik“ unter Markus Porschner zur Aufführung gelangt.

25.9.2022: Waldshut-Tiengen: hier ereignet sich ein Höhepunkt in der Geschichte der HKG: Das mit der Musikpreisverleihung der Volksbank Hochrhein Stiftung im Jahr 2021 verbundene, pandemie- bedingt jedoch verschobene Preisträger-Konzert findet nun endlich in der Waldshuter Versöhnungs- kirche statt, mit Chor- und Instrumentalwerken ausschließlich aus HK´s Feder. Das Streichquintett bildet dabei einen gewichtigen Schwerpunkt dieser denkwürdigen Veranstaltung, die bei den Besuchern, darunter namhaften Aktiven der regionalen Musikszene, auf große Resonanz stieß und zum Teil zu begeisterten Zuschriften führte.

Herausstellen lassen sich in dieser Übersicht zwei Aspekte: Eine erfreulich rege Rezeption von HK´s Musik fand dieses Jahr zunehmend im Ausland, vornehmlich in Österreich und der Schweiz, statt. Und: HK´s Streichquintett erlebte besonders viele Aufführungen; zu diesem Werk können Sie gleich noch eine besondere, erfreuliche Nachricht lesen.

Für das kommende Jahr 2023 können wir uns schon jetzt auf weitere Ereignisse freuen.
1. Am 29.01.2023 wird in Winterthur ein Konzert im Rahmen des Symposion an der Universität Zürich „Werner-Reinhart-Tage“ (WR, einst bedeutender Schweizer Kunstförderer und Mäzen, dabei reger Gönner von HK) erklingen. Neben Werken herausragender moderner Komponisten wie Hindemith, Krenek und Pfitzner wird dort auch Kaminskis „Dorische Musik“ erkling
2. Vom 27.- 29. Januar 2023 findet in Zürich ein Symposion über den eben erwähnten Mäzen Werner Reinhart statt, bei dem die schon bei unserer Mitgliederversammlung im Jahre 2017 referierende Musikwissenschaftlerin Dr. Ulrike Thiele den Festvortrag hält. Dem Rundschreiben liegt ein Flyer bei, der die einzelnen Details darstellt.
3. Die HKG bzw. ihr Vorstand plant für das Jahr 2023 eine Exkursionsfahrt zum Chateau Muzot im Kanton Wallis (CH), einem Ort, an dem H. Kaminski, stets gefördert von W. Reinhart, einige seiner kompositorischen Arbeiten vornehmen konnte. Sie werden Anfang des kommenden Jahres nähere Informationen darüber erhalten.
4. Und zum Abschluss die wohl in diesem Kontext „gewichtigste“ Nachricht: Ein ungenannt verbleibender Sponsor hat einen namhaften fünfstelligen Betrag zur Finanzierung einer CD- Aufnahme des Streichquintetts zur Verfügung gestellt! Dieses Vorhaben soll nun noch im Jahre 2023 zusammen mit dem casalQuartett und Dominik Fischer (2. Viola) in die Tat umgesetzt werden.

Dies sei vorerst genug der guten Nachrichten, mit denen wir uns nun für dieses Jahr von Ihnen verabschieden wollen. Im zeitlichen Übergang eines „das war´s“ hin zu einem „das wird´s“ haben wir das künstlerische HK-Jahr mit Ihnen in diesem Schrieb durchlaufen. Möge nun gefälligst und dessen ungeachtet „Corona“ Sie gnädig verschonen: kommen sie „ungekrönt“ ins nächste Jahr; verweilen Sie daselbst dito und auf Dauer. Wir wünschen Ihnen allgemein: BLEIBEN SIE GESUND, und es möge Ihnen und uns allen eine friedensvolle Zukunft beschieden sein!

Gernot Mathias Schriftführer
Herbert Müller-Lupp Vorsitzender

Jahresbericht 2019 – 2022
-vorgetragen an der Mitgliederversammlung am 25.09.2022-

Zu Beginn meines Jahresberichtes möchte ich Sie um Ihr Verständnis bitten, wenn Ihnen die ein oder andere Berichterstattung schon bekannt und geläufig ist. Wir haben in unseren jährlichen Rundschreiben immer wieder versucht, einige wichtige und prägende Ereignisse des jeweiligen Jahres darzustellen und Sie als unsere interessierten Mitglieder mit den neuesten Erkenntnissen auf dem Laufenden zu halten. Mit diesen Rundschreiben versuchen wir besonders, Kontakt mit allen Mitgliedern zu halten und ihr Interesse an der Gesellschaft immer wieder zu wecken.
Vier Aspekte, die die Geschichte unserer Gesellschaft seit der letzten MV im Jahre 2019 in Winterthur stark prägen, möchte ich ihnen heute vorstellen:
- Musikpreis2019
- Erstellung von elektronischen Partituren
- Musikalische Aufführungen mit Werken von HK
- Thema Hefte und Archivarbeit
Musikpreis
Im Frühjahr letzten Jahres erhielt ich den Anruf des Bankvorstandes der VoBa Hochrhein Stiftung, in dem Herr Peter König mir offenbarte, das Kuratorium seiner Stiftung habe die HKG ausgewählt, um ihr den großen Musikpreis seiner Stiftung zu verleihen. Begeistert und motiviert überlegten wir uns die Gestaltung der Übergabefeier und deren Programm. Laudator, Musikprogramm und Interpreten waren zu benennen, zu einem Zeitpunkt, der uns noch keine Einschränkungen erahnen ließ. Nach manchen Anläufen stand fest, daß die damalige Dramaturgin des Tonhalle Orchesters und Autorin der für uns wichtigen Literatur- Recherche über den Mäzen Werner Reinhart, Mäzen und Mentor, Frau Dr. Ulrike Thiele die Laudatio übernahm, während Herr Prof. Antionioli aus Genf den Klavierpakt, das casalQuartett die Interpretation der Kammermusik und schließlich unser Vorsitzender Matthias Flierl den Orgelpakt übernehmen sollte. Vorgesehener Termin war der 22. September 2020.
Doch dann spitzte sich die Pandemielage zu und die Großveranstaltung in der Versöhnungskirche Waldshut musste zunächst bis auf weiteres abgesagt werden. Zu Beginn des folgenden Jahres wurde ein erneuter Termin seitens der Stiftung fixiert, der 23.03.2021. Es galt das Konzertprogramm zu verändern und wieder teilweise neu Interpreten um Ihre Mithilfe zu bitten. Doch alle Hoffnung wurde beerdigt. Der Vorstand bestand auf dem angesetzten Termin, um nicht aus dem Rhythmus der Musik- und Förderpreise-Verleihungen zu kommen. Kurzum der zweiköpfige Vorstand der Stiftung, das Kuratorium mit seinen vier Mitgliedern und der Vorstand der HKG mit 6 Mitgliedern kamen an dem bewussten Tag unter den vorgeschriebenen Bedingungen mit Maske und Trennwänden in der große Begrüßungshalle der Voba zusammen, um dieses würdige Ereignis zu „feiern“. Und heute endlich können wir Ihnen dieses mehrfach geänderte Programm mit ausschließlich Werken von Kaminski, teilweise mit anderen Solisten, endlich zum Klingen bringen.
Fragen wir uns einmal: welche Bedeutung für die Gesellschaft steckt hinter der Preisverleihung?
1. Mit der Nominierung erfährt sowohl die Bevölkerung der Stadt und der Region Kenntnis von der Existenz einer Komponistengesellschaft – eine einmalige Situation in Baden – und erhält gleichzeitig einen Einblick in ihre wichtigsten Aufgaben innerhalb der Region. Gleichzeitig erscheint der Name der HKG zukünftig wieder in der Reihenfolge der bedeutenden Preisträger.
2. Der Komponist HK, der zwar international und in musikwissenschaftlichen Kreisen mittlerweile wieder eine Akzeptanz und entsprechende Würdigung erfährt, tritt wieder in den Mittelpunkt des Kulturinteresses in der Region.
3. Die stolze Preishöhe von 12.500 € ermöglicht dem Vorstand, Projekte zu finanzieren, an dessen
Verwirklichung bis dato nicht zu denken war.

Partituren
Und damit komme ich zu dem 2. wichtigen Punkt in unserer Vorstandsarbeit: nämlich die Erstellung von digitalen Partituren. Der soeben beschriebene Geldsegen bildet natürlich für die Gesellschaft ein gutes Fundament, um die Umsetzung von Aufführungen von Kaminskischer Werken zu ermöglichen oder zumindest eine günstige Ausgangssituation zu schaffen, d.h. gutes Notenmaterial. Viele von ihnen haben vor zwei Jahren auch an dem denkwürdigen Ereignis einer Uraufführung von Kaminskis „Suite für großes Orchester“ in Winterthur, die wir zusätzlich zur MV angeboten haben, teilgenommen.
Die dort aufgetretene Problematik bestand darin, dass das vorliegende Notenmaterial aus der Originalpartitur -Autographen- in einer zwar sehr gut lesbaren Handschrift von HK vorlag, andererseits mit den vorhandenen Stimmen, die vor Jahren im Hause der Witwe Maria Marc gefunden wurden, nicht kompatibel war. Diese Tatsache stellte sich leider erst bei der Probe des Orchester mit Jan Schultz als Dirigenten heraus. Dennoch kam es zu einer sehr gelungenen und beachtenswerten Aufführung dieses Werkes, die heute in einem zur Veröffentlichung freigegeben Mitschnitt vorliegt. Die Erfahrungen und Anregungen der Musiker und des Dirigenten haben wir aufgegriffen, uns zu Eigen gemacht und dank der großartigen Mithilfe unseres Mitgliedes Ulrich Loschky zu einer recht komplexen Vorlage zusammengeführt. Diese wiederum hat unser Notensetzer in Berlin, Ingo Weber, in eine digitale Form gebracht. Sie liegt uns heute vor.

Der nächste Schritt, den wir im Augenblick versuchen und wagen, ist die Verhandlung mit einem entsprechenden Musikverlag, um auch das Werk in eine adäquate Form des Notendrucks sowohl der Partitur als auch der Stimmen zu bringen. Hier kann ich Ihnen von den ersten konkreten Ergebnissen berichten. Mit der Universal Edition in Wien stehe ich im Gespräch, die zwar selbst dieses Werk auf Grund der Auswirkungen der Pandemie nicht drucken können. Es gibt aber eine Tochterfirma der UE, die nach Evaluierung durch UE die Möglichkeit eines Drucks, sozusagen on demand, möglich macht: Druck auf Abruf anbietet. Sinn und Ausgangspunkt dieses Endproduktes wird es sein, an verschiedene Dirigenten, besonders auch der jüngeren dynamischen Welt, heranzutreten, um auch eine Aufführung besonders dieses Orchesterwerkes oder vielleicht sogar der Oper J.J. zu erwirken.
Ein noch komplexeres Unternehmen ist die Erstellung der digitalen Partitur für die Oper Jürg Jenatsch. Wie Sie ja schon wissen, hat uns die Stoll VITA Stiftung die finanzielle Grundlage in Form einer Spende in Aussicht gestellt, wenn dieses Werk digitalisiert ist.
Auch hier stehen wir in einem direkten und konstanten Draht zu einem weiteren sehr ehrenwerten Mitstreiter in Sachen Partitur, Herrn Joachim Schmitz. Er ist pensionierter Flötist der Deutschen Radiophilharmonie Saarbrücken - Kaiserslautern und ist schon seit rund einem Jahr intensiv und akribisch mit der Erstellung der sehr komplexen Partitur beschäftigt. Die Oper J.J. bzw. deren Partitur verursacht alleine durch die zahlreichen Personenrollen (bei JJ 13 Solopartien) und die umfangreiche Instrumentierung einen übermäßigen Datenanfall und Platzbedarf auf einer Partitur- Seite. Zur Veranschaulichung habe ich ihnen heute einmal einen Teil dieser vorläufigen Partitur mitgebracht. Nach Fertigstellung der technischen Ausgabe, die gerade in den letzten Tagen erfolgte, bedarf es noch einer musikwissenschaftlichen kritischen Überarbeitung, bevor auch dieses Werk dann einem Musikverlag zum Druck vorgelegt werden kann. Wie sie sehen, befinden wir uns dabei in der Endphase.

Musikalische Aufführungen
Ein auch nicht unerheblicher Bestandteil unserer Arbeit besteht in der Koordination, Vorbereitung, Beratung und teilweise Aufführung Werke Kaminskis. Dabei gilt es klar zu unterscheiden zwischen den Aufführungen, die wir selbst initiieren und durchführen, und den Konzerten, die sich durch Nachfragen, Kontakte mit Musikern und zahllosen Gesprächen ergeben.
So versucht z.B. das Resort Kunst innerhalb des Vereins freundeschlosstiengen sich auch mit interdisziplinären Veranstaltungen zwischen bildender Kunst und Musik auseinanderzusetzen. In Wolfgang Fritz, einem bayerischen Künstler, der aber in Tiengen geboren ist, fanden wir einen Künstler, der zu Werken von HK Zeichnungen und anschließend Skulpturen anfertigte. Zur Vernissage dieser Ausstellung verpflichtete wir drei Künstlerinnen aus München; die bereits vor einem Jahr die Komposition „Musik für zwei Violinen und Cembalo“ in München zur Aufführung gebracht hatten. Sie interpretierten auf eine sehr eindrucksvolle und ausdruckstarke Art dieses Werk. Ein für hiesige Verhältnisse nicht selbstverständlich guter Besuch bewies auch die Wertigkeit dieser Komposition und ihrer Interpretation.
Ein typisches Beispiel für unsere Initiative und unseren Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung zeigt sich in dem heutigen Konzert, das eigentlich ein Begleitprogramm zur Vergabe des Musikpreises sein sollte. Wir versuchen, den Neuzuhörern den Zugang zur Kammermusik von HK durch ein breites Spektrum an Kompositionen zu öffnen, andererseits Werke durch hervorragende Interpreten erklingen zu lassen, die selten oder in großen Zeitabständen aufgeführt werden.

Von den Partnern und Musikern, mit denen wir intensiv über das Werk Kaminskis in Verbindung stehen, die andererseits von der Genialität Kaminskis überzeugt, ja fast möge man sagen, angefressen sind und die uns tatkräftig mit Konzerten unterstützen, zählen seit Jahren die Musiker des casalQuartetts. Hatten Sie doch schon vor Jahren das Streichquartett F-dur auf CD miteingespielt, galt ihr Engagement neben dem Präludium und Fuge über den Namen Abegg ganz besonders dem Kernstück des kammermusikalischen Schaffens Kaminski, nämlich dem Streichquintett fis-moll. Hier kann ich zurückgreifen auf ein Konzert in München 2016, in dem sich die Musiker des cQ sich dem Werk zum ersten Mal annäherten. 2022 nun führten sie dieses grandiose Werk, aus dem Sie später zwei wichtige Sätze hören, im Rahmen der Musiktage im Schloss Tiengen auf, anschließend trugen Sie das Werk in die Schweiz und wiederholten schlussendlich beim Brucknerfest in Linz diesen Gewaltakt. Hier sollte zunächst der weltbekannte Nils Mönkemeyer die 2. Bratsche spielen, leider aber fiel er aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig aus und der frühere Bratschist aus dem casalQuartett sprang lobenswerterweise ein. Da nun das grandiose Werk, von dem eine CD mit dem Leipziger Streichquartett auf CD existierte, die leider vergriffen ist, einen bedeutenden und zentralen Standort im Oeuvre Kaminskis einnimmt, versuchen wir zurzeit, die Musiker zu einer Einspielung auf CD zu beeinflussen und zu überzeugen, müssen aber leider dieses Projekt noch aus finanziellen Gründen zurückstellen – wo finden wir den Liebhaber, der dieses Projekt finanzieren könnte?

Aus den Kreisen der Musiker möchte ich besonders unser Mitglied Ulrich Loschky erwähnen, der sich schon bei der Bearbeitung und Herausgabe der Druckpartitur der Suite für großes Orchester beeindruckende, selbstlose Verdienste erworben hat. In einer faszinierenden Begeisterung für Kaminskis unterstützt er uns mit seinen fundamentalen musikwissenschaftlichen Kenntnissen immer wieder. Ja, er hat seine Beschäftigung mit Kaminski im Rahmen der Feierlichkeiten anlässlich 1700 Jahre jüdisches Leben in Rheinland-Pfalz durch einen beachtenswerten Vortrag über Kaminski unter dem Titel Zwischen Flucht und innerer Emigration zum Ausdruck gebracht. Zur Abrundung des Vortrages hatte er noch den Domorganisten aus Speyer, Christoph Keggenhoff, verpflichtet, der zu den passenden Stellen seines Vortrages verschiedene Orgelwerke Kaminskis zu Gehör brachte: eine denkwürdige Veranstaltung, die Wolfgang Zimmermann und ich durch unsern Besuch in Landau würdigten.
Und wieder ein engagierter und begeisterte Musiker sei in dem Rahmen auch genannt, unser Bezirkskantor und 2. Vorsitzender der HKG, Matthias Flierl. Er widmete sich im Mai dieses Jahr dem Orgelwerk Kaminskis. Im Zyklus mit Bach durch die Regio brachte er in der Gegenüberstellung von J. S. Bach und Kaminski verschiedene Orgelwerke in Freiburg zum Erklingen.
Sicherlich hat die Uraufführung der Suite für großes Orchester 2019 in Winterthur bei der Intendanz des Musikkollegiums Winterthur eine Besinnung auf Kaminski, besonders in Hinsicht auf die Freundschaft mit Werner Reinhart, ausgelöst. Dirigent dieser Uraufführung war Jan Schultsz, Professor an der Musikakademie Basel, der heute auch die Klavierstücke interpretiert und vorweg eine kurze Einführung dazu gibt. Also diese Beschäftigung mit Kaminski in Winterthur führte dazu, das in der Saison 2021/22 Jac van Steen das Orchesterkonzert mit Klavier mit dem Musikkollegium Winterthur und der Pianistin Simon Keller aufführte. Leider mussten wir die vorangehende MV kurzfristig unter den Auswirkungen der Pandemie in Deutschland absagen, doch ein kleiner Kreis von hartnäckigen Kaminskianern konnte mit Maske und offenen Ohren dieses Konzert genießen.
In dem Zusammenhang möchte ich Sie immer wieder auf unsere Webseite, und hier ganz besonders auf die Jahresdaten, hinweisen. Wir bemühen uns immer hoch aktuell jegliche Aufführung von Kompositionen von HK, ob geplant oder schon fixiert, hier zu veröffentlichen. Ansonsten lohnt es sich auch die anderen Menüpunkte durchzuforsten, zumal auch ständig an einer Aktualisierung gearbeitet wird.

Hefte und Archivarbeit
Wie Sie ja wissen und wir auch in den Rundschreiben immer wieder kommunizieren, trifft sich die Archivgruppe regelmäßig, im Schnitt jeden Monat. Nicht nur die laufende Aktualisierung und Einarbeitung von Schriftstücken der verschiedensten Provenienzen in die entsprechenden Sachgebiete beschäftigt uns ständig. Auch nach 35 Jahren Archivarbeit türmt sich immer noch eine beachtenswerte Sammlung von Dokumenten, die nicht nur erfasst werden, sondern auch in den Kontext mit Lebensdaten und musikwissenschaftlichen Entwicklungen zu setzen sind.
An einem kleinen Beispiel möchte ich Ihnen aufzeichnen, wie sich das Wissen um unseren Komponisten immer noch und immer wieder vervollständigt: Erstaunlicherweise führen immer wieder neue Schriftstücke, die an uns herangetragen werden, zu Überraschungen. So erhielten wir vor einigen Wochen mehrere Originalbriefe von Heinrich Kaminski, in denen das Thema Gabriele Kaminski und ihr Aufenthalt in Zürich im Mittelpunkt der Konversation stehen. Diese Überraschungen, oder auch Anfragen von diversen Personen, die sich im weitesten Feld um Kaminski bewegen, verursachen oft zeitraubende Recherchen.
Ein nicht ganz unwichtiges Standbein der HKG sind unsere Hefte der Heinrich Kaminski Gesellschaft. Bedingt durch Beschaffungsprobleme der Coverseite dieser Hefte griffen wir während der Corona Zeit die schon früher uns beschäftigende Diskussion um die äußere Gestaltung der Hefte auf. Mit Gerd Kunsemüller, einem sehr kreativen, erfahrenen und ästhetisch vorgehenden Grafiker, der ja vor einigen Jahren schon unsere Webseite neu bearbeitete, fanden wir einen kompetenten Partner. Bei gleichem Format verwendeten wir die alte Bindeart bewusst in der Tradition unserer Heftereihe und übertrugen das Erscheinungsbild der Webseite auf unser neues Design. Das Erscheinungsbild folgt der Idee, die archivarische Leistung der Gesellschaft auch visuell zum Ausdruck zu bringen. Die einheitliche grafische Gestaltung soll dem Auftritt der Gesellschaft eine erhöhte Prägnanz verleihen. Die inhaltliche Ausrichtung der Hefte bleibt jedoch unverändert. Einige lobende Zuschriften und Kommentare bestätigten unsere Entscheidung.
Zu dem Inhalt der Hefte und der Aussicht auf die nächste Ausgabe wird Ihnen der Archivar und Redaktionsleiter Wolfgang Zimmermann unter Top 8 berichten.
Damit habe ich Ihnen einen kurzen skizzenhaften Überblick über unsere Arbeit und die Entwicklung der Gesellschaft nach Vorgaben unserer Zielsetzung vorgelegt. Aus diesem Mosaik unserer Herausforderungen ließe sich noch von zahllosen Details berichten und wiedergeben. Alle diese Bemühungen wären nicht durchführbar und erfolgreich, wenn nicht sowohl die Kolleginnen und Kollegen des Vorstandes als auch die Beiräte mit einer Begeisterung und einem Eifer in einer hervorragenden Zusammenarbeit mich unterstützten. Dafür sage ich allen Beteiligten ein herzliches Danke schön.

Trotz unseres recht hohen Altersdurchschnitt im Vorstand können wir stolz auf unsere Arbeit zurückblicken und sollten uns aber dem Aufruf eines bedeutenden Schweizer Regisseurs anschließen: Auf der Suche nach neuen Ideen suchen wir Weggefährten.
Helfen Sie uns, neue Mitglieder zu finden.
Wir brauchen Freunde, Ratgeber, Helfer, Weggeführten, die uns unterstützen. Wir brauchen Zeit.
Dieser ernstzunehmende Aufruf klingt auch aus einem anderen Grund immer wieder. Die Mitgliederzahl schwankt leicht, sie beträgt momentan 66. Nur Neuzugänge können die Lücken, die durch den Tod einzelner Mitglieder gerissen wird, ersetzen. Aktuell konnten wir im auslaufenden Jahr 2022 drei neue engagierte Mitglieder dazu gewinnen. Dagegen mussten wir in den letzten drei Jahren andererseits den Tod einiger Mitglieder bedauern. Es waren:

11.07.2020 Dr. Reiner Bölhoff, Gründungsmitglied und Redaktionsvorstand
02.03.2021 Werner Dörflinger, Gründungsmitglied
17.07.2021 Brigita Hartog, Ehefrau von Biograf Dr. Hans Hartog, Gründungsmitglied

Für Ihre Aufmerksamkeit und Ihre Geduld danke ich Ihnen.
Herbert Müller-Lupp

zum Seitenanfang